Mitte Februar 2012. Nur wehmuetig verlasse ich das in der Zwischenzeit so vertraut gewordene Rishikesh. Und dann ist es Dankbarkeit, die die Traenen auf meinen Wangen trocknen laesst, beim Abschied von meiner lieben Freundin Clare.
Vom bergigen Hochland, dem Zugvogel gleich, jetzt Richtung Sueden. Zwei volle Reisetage liegen vor mir, Bus, Zug, Riksha, das Reiseabemteuer Indien hat gerade erst begonnen. Zwischen Menschen und Menschenmassen, so unzaehlig viele Inder und diese wollen bewegt werden. Voellig ueberfuellte Zuege, wochenlang ausgebuchte Tickets, eingepfaercht wie im Tiertransporter und blitzen zwischen bunten Stoffen, dunkle Augen und weisse Zaehne. Die Menschen sie schauen, schauen mich an, freche kindliche Neugierde, Verwunderung bis Irritation. Nur schwer wissen sie mit mir umzugehen, so vieles gemeinsam und doch so voellig anders. Manche sprechen ausschliesslich Hindi mit mir, in Menschenmassen werde ich ohne weisse Begleitung voellig uebersehen. Einigen nennen mich "Saj Baba", nach einem verstrorbenen Guru mit lockig, krausem Haar ;-)
Ankunft Gokarna. Viele sagen Goa gehoere nicht zum wahren Indien. Der Mitte der 60ger Jahre, durch die Hippie-Bewegung bekannt gewordene Bundesstaat, wiedersetzt sich dem sonst eher pruede wirkenden Indien. Da wird der Rock zum Roeck-chen, die Hose zum Hoes-chen, knappe Bikinis, einladend - ausgelagerte Ausschnitte. Am Strand die Tagesordung, wie Alkohol und Drogen, eingebettet in idyllische Sonnenuntergaenge, Sandstraende und das blaue, blaue Meer. 14 Tage in der Gemuetlichkeit einfacher Lehmhuetten mit Brunnen vergehen schnell, besonders wenn die Nachbarschaft aus Altbekannten und Liebgewonnenen besteht - und wird dann schnell zur Heimat in der grossen Ferne.
Arambol, Goa, Anfang Maerz. Angezogen vom britischen Hang Drum Spieler Daniel J Waples und einigen interessanten Musikern und Kuenstlern verbringe ich hier kanppe 10 Tage. Leider werde ich gleich zu Beginn krank, Fieber und Nierenschmerzen, zwingen mich fuer einige Tage ins Bett. Immerhin schaffe ich es zum gemeinsamen Konzert, 5 Hang Drums, 5 Kuenstler, inspiriert verlasse ich Goa Mitte Maerz.
Mit unaufhaltsamer Kontinuitaet wird es nun immer heisser. Sobald die Sonne das Dunkel der Nacht durchbrochen und die ersten Lichtstrahlen am Horizont Sichtbarkeit zeigen, kuendigt sich die grosse Hitze an. Neun Uhr morgens ist es jetzt bereits stechend heiss und dieses Stechen findet keinen Ablass bis zum speaten Nachmittag. Zeit fuer mich weiter zu ziehen. Mit Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen mit Freunden Mario und Dennis aus Deutschland mache ich mich auf den Weg ins nordoestlich gelegene Pushkar im Bundesstaat Rajasthan, Wuestenlandschaft.
Mitte Maerz, Pushkar. Die kleine Wuestenstadt liegt ebenso romantisch wie trocken. Inmitten karger Wuestenlandschaft, kleine weisse Haeuser, die sich ringsum einen kuenstlich angelegten See reihen. Schmutzig und trueb sieht das Wasser aus, das nach hinduitischer Ueberzeugung jedoch seiner Heiligkeit keinen Ablass nimmt. Friedlich ist es hier. Mein Herz ist erfuellt von Waerme. Nach drei Tagen habe ich einen vertrauenswuerdigen Schneider ausfindig gemacht. Grosshandeleinkauf fuer Dennis Papa Juergen, lassen meine Verhandlungskuenste neu entflammen, und so, verlassen wir dann auch Pushkar. Ueber Rishikesh Freund Mario dicht auf den Versen, geht es jetzt in die Berge.
Ende Maerz/ Anfang April, Haidakhan. Auf den Spuren von Baba Jji, einem grossen Guru und Meister Indiens, fuehrt mich meine Reise mitten ins bergige Hochland, zum Fusse des indischen Mt. Kailash. ALs wir voellig uebermuedet im viel zu engen Cheap uber den Bergkamm biegen, erstreckt sich unter uns ein breites Flusstal. Ein kleiner Strom, zweiarmig geteilt, bahnt sich seinen Weg ueber unzaehlige Wackersteine, terrassenfoermig schmiegt sich der Hand ins malerische Bild. Kleine Haeuser, zwischen Weizenfeldern und liebevoll angelegten Gaerten, hier und da ein kleiner Brunnen, Kuehe und Ochsen, neben Ziegen und Zicklein.
Im Ashram herrscht "High-Saison", zum alljaehrlichen Shivaratri finden zahlreiche Pilger, Gleaubige, Westler ihren Weg in die heiligen Gemaeuer. Ein Ankommenstag, bevor man sich ganz im taeglichen Ashramrythmus verliert. Die teaglich gesungene Arti wird zu einem meiner kraftvollsten Chanting-Erlebniss, hier kostet ein wenig vom Nektar der Heilkraft der Stimme ;-)
(Video, coming soon!)
Rund wird die ohnehin schon sehr schoene Zeit, mit dem gemeinsamen Aufstieg zum Mt. Kailash. Bitte keine Fragen stellen zum WIE ich auf den 6500 Hoehenmeter gelegenen heiligen Berg gekommen bin, oben angekommen war es SEHR schoen... die Inder sagen, das Zentrum des Universums - und inmitten, WIR!
Gedankensprung. Ich kenne Lea fluechtig aus Deutschland. In Rishikesh begegne isie mir wieder. Sie kommt gerade aus Bangalore, hat sich dort ihre Augen lasern lassen. Von 6.5 Dioptrien Sehbehinderung hin zu einem Leben ganz ohne Brille. Und all das zum erschwinglichen Preis. Ein idialistischer, doch bislang ferner Traum. Wunschdenken ohne Ernsthaftigkeit der Hoffnung. 23 Jahre, rund 8.00 Dioptrien, grosse Brille, dicke Glaeser, verschwommene Welt... Bestraerkt und mit festem Glauben fuehrt mich mein Weg dann zurueck nach Delhi. Im Vasan Eye Care Hospital werden erste Untersuchungen vorgenommen, drei Tage speater liege ich auf dem Operationstisch. - Seither sind vier Tage vergangen. Meine Augen sie heilen. Nach ersten 24 Stunden ohne Licht, bekomme ich taeglich ein Stueckchen meiner Sehkraft zurueck. Meiner vollen Sehkraft!